Aufbruch in eine neue Zeitrechnung. Sie haben in der vergangenen Saison mit Platz zwei und dem nur hauchdünn verpassten Meistertitel in der 2. Liga Nord ein überragendes Ergebnis erzielt – nun stehen die Volleyballer von Zweitligist TSV Giesen GRIZZLYS II vor einer herausfordernden Spielzeit der ganz anderen Art. Es gilt, einige Spielerwechsel und eine weitere Verjüngung der Mannschaft zu meistern. Dieser Umbruch zieht sich sowohl durch das Trainerteam wie auch durch den Spielerkader. Damit die Aufgabe für Coach Martin Richter trotzdem erreichbar wird, hat die Sportliche Leitung mit einer weitsichtigen Transferpolitik die Weichen in die richtige Richtung gestellt.
„Bei der Neuzusammenstellung des Kaders sind wir unserer Philosophie einer konsequenten Verjüngung mit Talenten möglichst aus den eigenen Reihen treu geblieben und haben nur einen Spieler von extern verpflichtet“, sagt der Sportliche Leiter und Chefscout Andreas Klimm, der allerdings auch weiß: „Die Zuschauer erwarten jetzt nach Platz zwei eine ebenso gute Saison. Natürlich wollen wir das Beste herausholen, wissen aber auch, dass das nicht so einfach werden wird, denn das neue Team muss erst wieder zu einer sportlichen Einheit werden. Ursprünglich waren wir ja ohnehin angetreten, um in der Liga zu bleiben. Dass die Mannschaft sich innerhalb so kurzer Zeit so stark entwickelt hat, war nicht unbedingt zu erwarten, unterstreicht aber auch die gute Arbeit des Trainerstabes, der fast jeden Akteur in den vergangenen Jahren schnell auf ein immer höheres Niveau gehoben hat.“
Das hat Begehrlichkeiten bei den Protagonisten auf dem Feld wie auch bei Konkurrenzvereinen aus der 2. und der 1. Bundesliga geweckt. Und so ist es nicht verwunderlich, dass vier Akteure dem Lockruf der 1. Bundesliga nachgekommen sind und in der neuen Spielzeit in der höchsten deutschen Spielklasse aufschlagen werden. Während Zuspieler Paul Klimm, Diagonalangreifer Samuel Schellenberg sowie Mittelblocker Jannis Wehry künftig für die Volley Goats Mitteldeutschland in Bitterfeld-Wolfen an den Start gehen werden, schaffte Außenangreifer Yannik Ahr den Sprung in die Bundesliga-Mannschaft der Helios GRIZZLYS Giesen. Mit Merten Krüger (Zuspiel) und Marcel Fode (2. Libero) haben zudem zwei weitere Akteure aus dem Erfolgsteam ihre Karrieren beendet. „Dadurch, dass wir in Paul und Merten gleich beide Zuspieler auf einmal verloren haben, sind wir auf dem Markt tätig geworden und haben Linus Hermann als einzigen externen Zugang verpflichtet“, sagt Sportlicher Leiter Andreas Klimm. Herrmann (Jahrgang 2005) startete zu Beginn der vergangenen Spielzeit beim TV Rottenburg in der 2. Liga Süd und wechselte während der Saison dann zu Giesens größtem Konkurrenten und späteren Meister SV Warnemünde. „Er gehörte den Kadern mehrerer deutscher Junioren-Nationalmannschaften an und soll zusammen mit Julius Beerboom das neue Zuspieler-Duo bilden“, freut sich Klimm. Neben Beerboom rücken auch die bisherigen Perspektivspieler Tizian Babel (Diagonalangriff) und Bennet Pommerening (2. Libero neben Timon Peckmann), die hin und wieder schon ihre Spielanteile in der Mannschaft bekommen hatten, fest ins Team auf. Für sie wiederum rücken das Giesener Urgestein Felix Machel (Jahrgang 2007), der alle Jugendteams des TSV durchlaufen hat und Außenangreifer ist, Henner Wilck (Jahrgang 2004/Mittelblock/seit 2024 im Verein) und Tom Machtens (Jahrgang 2011/Außenangriff) als Perspektivspieler nach. „Ich freue mich, dass die Verjüngung so reibungslos klappt. Wir haben Spieler der Jahrgänge 2000, 2001 und 2003 in die Bundesliga abgegeben und füllen jetzt mit Spielern aus den Jahrgängen 2004, 2005, 2006, 2007 und sogar 2011 auf. Das verschafft uns erst einmal wieder einen komfortablen Puffer für die jeweilige Leistungsentwicklung“, sagt Klimm.
Der Neuaufbau hat jedoch auch vor dem Trainerstab nicht halt gemacht. Während Trainer Martin Richter weiterhin das Zepter schwingt, hat neben dem bisherigen Co-Trainer Sven Thiemann Maurice Fröhleke auf der Bank Platz genommen. Er tritt die Nachfolge des Finnen Antti Poikela an, der in seine Heimat Finnland zurückgekehrt ist und dort die Betreuung der Juniorinnen-Nationalmannschaft übernommen hat. „Maurice Fröhleke war zuletzt bei Drittligist DJK Delbrück sowie im Jugendbereich in Paderborn tätig, hat bei uns aber schon in der ersten und zweiten Mannschaft hospitiert und jetzt auch schon seinen Wohnsitz nach Hildesheim verlegt. Er soll auch die Perspektivkader-Trainerstelle von Antti Poikela übernehmen und als Bindeglied zwischen den Giesener Teams dienen“, hält Klimm große Stücke auf den „Neuen“.
Gleichwohl ist Klimm bewusst, dass diese Spielzeit eine besondere Herausforderung wird, die für die Giesener mit den Spielen gegen Lindow-Glansee, in Bocholt, gegen Mondorf und in Schüttorf beginnt. „Das ist ein Hammer-Auftaktprogramm. Wir starten mit zwei schweren Spielen, danach folgen sofort zwei superschwere“, sieht Klimm die Teams aus Mondorf und Schüttorf im Kampf um die Meisterschaft dieses Mal als Mitfavoriten an. „Zudem habe ich Neustrelitz, das auch eine starke Mannschaft hat und in die alte Halle zurückgekehrt ist, auf der Rechnung“, rechnet Klimm vor und ergänzt: „Und im Gegensatz zum vergangenen Jahr ist die Liga wesentlich ausgeglichener besetzt. Es gibt keine Mannschaften, die sportlich etwas abfallen wie vielleicht Dessau oder Hamburg in der abgelaufenen Saison“, sagt Klimm.
Er ist aber auch für einen kollektiven Fehlstart gewappnet und macht dem Team Mut, trotzdem nicht den Kopf in den Sand zu stecken. „Sollten wir wirklich die ersten vier Spiele verlieren, müssen halt Siege in Spiel fünf gegen Köln, im Match sieben gegen Essen sowie in Partie acht gegen Kiel her. Am sechsten Spieltag ist man zwischenzeitlich bei Klimms Geheimtipp Neustrelitz zu Gast. Die Giesener haben in der Hinrunde nur vier Heimspiel, in der Rückrunde dagegen sieben. Das sieht Klimm durchaus als Vorteil an. „Wir haben sogar die letzten drei Saisonspiele allesamt zu Hause. Das kann schon ein Vorteil sein, wenn man noch um den Klassenerhalt kämpfen sollte oder auf der anderen Seite nach oben hin noch Verbesserungschancen hat. In diesen letzten drei Heimspielen müssen die Giesener gegen Moers, Aligse und Münster antreten. „Allesamt keine unlösbaren Aufgaben“, wie Klimm findet.
Auch Trainer Martin Richter, der sich mit den Spielern seit knapp acht Wochen in der Saisonvorbereitung befindet, freut sich auf die neue Spielzeit. „Wir hinken zwar in der Vorbereitung noch ein wenig hinterher, doch das ist normal bei einem solch großen Umbruch im Team. Alle Spieler ziehen jedenfalls sehr gut mit und sind erfolgshungrig. Das ist zumindest eine sehr gute Basis.“ Für das erste Spiel gegen den SV Lindow-Gransee, der bereits vor zwei Jahren einmal aufgestiegen war und nach dem zwischenzeitlichen Abstieg nun wieder in die 2. Liga aufgerückt ist, erwartet er einen „heißen Tanz“. „Lindow hat sich gut verstärkt. Das Match wird kein Selbstläufer. Für ein Auftaktspiel ist jedoch gleich eine gute Aufgabe, um zu sehen, wo wir stehen und wo es noch hakt“, sagt Richter, der wie sein Sportlicher Leiter auch Schüttorf, Mondorf, Bocholt und Neustrelitz im Titelrennen ganz oben sieht. Auftakt für die Giesener ist am Samstag um 20.00 Uhr in der heimischen Schacht-Arena. Dann werden sich auch die erwartungsfrohen Zuschauer ein Bild von dem „runderneuerten“ Erfolgsteam der abgelaufenen Spielzeit machen können.
(Thomas Kühlmann/cb)